Samstag, 3. März 2018

Winterstarre

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Nach einer Woche extremer Kälte war es heute morgen vergleichsweise heiß. Das Thermometer meldete -2 Grad und ich hatte das Gefühl, ich müsse meinen Wintermantel von mir werfen. Nur im Bus hatte sich noch die Kälte der letzten Tage festgesetzt, da ist es gleich gar nicht warm geworden und gezogen hat es noch dazu. Ich habe meinen Wintermantel wieder angezogen und gut zugemacht.

Eigentlich mag ich kalte Winter. Dieses Klirren der Luft, wenn man aus der Wohnung nach draußen tritt. Diese Starre der Welt, alles ist festgefroren, nichts kann sich rühren. Nur der Wind ist noch in Bewegung, schneidet wie japanische Messer in die Wangen. Man meint, jeder kleinste Feuchtigkeitstropfen an der Nase friert sofort fest und stellt den Beginn eines Eiszapfens dar. Mütze allein reicht nicht, die Kapuze muss unbedingt auch noch drüber. Die Schönheit der Natur ist umwerfend. Ich liebe zugefrorene Seen, vor allem, wenn das Eis glasklar ist und man bis in die Tiefe hinunterschauen kann. Eingefrorenes Schilf, Stöckchen, Gräser und Blubberblasen irgendwo eingeschlossen im ewigen Eis. Besonders schön finde ich Eiszapfen. Wind und Wasser haben bizarre Formen geschaffen, über und über vereiste Bänke an Seeufern, surreale Formen überziehen die wassernahen Äste von Büschen und Bäumen. Wunderschön.

Allerdings gibt es da auch noch die andere Seite: Nie sonst überkommt mich so sehr das Bedürfnis nach Winterschlaf. Ich will einfach im Bett bleiben und mich nicht rühren müssen. Ich beneide Bären und Igel und anderes Getier, das sich einfach in eine Höhle verkriechen kann und nicht funktionieren muss. Der Mensch muss funktionieren. Zum Einen ist er nicht für den Winterschlaf gebaut, zum anderen kommen Schule, Arbeit, all diese Dinge nicht zum Stehen, nur weil es draußen kalt ist. Heutzutage müssen wir der Kälte trotzen. Und so quälen wir uns in eine dreifache Schicht von Klamotten und gehen hinaus, nur um festzustellen, dass die vom Mensch erschaffene Welt der Kälte nicht gewachsen ist. Mein Auto hat sofort gestreikt. Batterie zu schwach (inzwischen habe ich eine neue - es geht wieder). Die S-Bahn wollte anfangs nicht mehr. Weichen festgefroren, Oberleitungen vom Triebwagen mitgenommen, überall stecken Menschen im Chaos fest und es geht nix vorwärts und nichts zurück. Sogar die U-Bahn verzeichnet Zugausfälle, weil die Depots im Freien sind und die Kälte für allerlei Probleme sorgt.

Mir selbst - so kommt es mir bisweilen vor - friert bei solchem Wetter das Hirn ein. Ich kann gar nicht mehr gescheit denken, ich kann nur noch denken, ich will weg hier. Weg hier. Raus aus diesem schneidenden Wind, dieser Kälte. Alles so unangenehm. (Nein, ich werde nie ein Bewohner Sibiriens werden).

Da meine ich immer, dass wir doch das Recht haben sollten, bei solchen Temperaturen nicht funktionieren zu müssen. Einfach daheim bleiben zu dürfen und die Natur machen zu lassen, das würde ich mir wünschen.

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