Freitag, 5. Januar 2007

Familienbande

Aus gegebenem Anlass habe ich mir die letzten Tage den Kopf über das zerbrochen, was einen so sehr an seine Familie bindet. Diese stählernen Seile, die es verhindern, dass man einfach vergisst, wo man herkommt. Drahtseile so zerbrechlich wie chinesisches Porzellan. Falsche Worte, falsche Taten können gleich einer Bombe alles in Fetzen reißen, was einem gut und teuer ist. Oder dieser Urknall befreit, so dass man nicht mehr die Launen und Unpässlichkeiten, die Eindrücke, die Ideen, die Wünsche, ja sogar die erdrückende Liebe der anderen ertragen muss. Ist es überhaupt möglich zu gehen? Kann man seine Wurzeln im Stich lassen, alles vergessen? Die Nähe, das wortlose Verständnis und die unerschütterliche Liebe? Eine Liebe, die Kränkungen und Hass verschwinden lässt wie Nebel in der Sonne.

Ich werde nie verstehen, wie sich Menschen so sehr verletzen können, ohne Rücksicht auf Verluste oder irgendwelche Kollateralschäden, die unweigerlich auftreten. Wie kann man sich hassen und lieben zugleich? Wie kann man dort sein wollen und doch lieber am anderen Ende der Welt? Und was tut man, wenn einen solche Gefühle zerreißen? Je an einem Arm packen und ziehen, bis man in der Mitte auseinander bricht?

Manchmal scheint es, als wären die Mitglieder einer Familie wild zusammengewürfelte, sich komplett fremde Menschen. Es scheint unmöglich, dass sie eine Kindheit zusammen verbracht haben, gelacht haben, geweint haben, sich gefreut haben, gelitten haben. Entsteht da nicht eine Art tieferes Verständnis und das Gefühl, dass man zusammen gehört, komme was da wolle?

Offensichtlich nicht. Und das macht mich traurig.

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