Lebensgedanken

Samstag, 18. November 2006

Verwunderliches Wiedersehen

Manchmal geht das Leben sehr interessante Wege und vieles, was einen in der Jugend als Schreckgespenst verfolgt, entpuppt sich später als etwas ganz anderes.

Ich war heute auf dem Herbst-/Weihnachtsfest von meiner ehemaligen Schule. Aus einer Laune heraus haben meine Schwester und ich beschlossen, dort hin zu gehen. Ich war lange nicht mehr dort, liegt doch mein Abitur schon fast 10 Jahre zurück. Ich habe kaum Kontakt zu irgendwem aus dieser Zeit. Ich bin damals fast geflohen, habe alles zurück gelassen und ein neues Leben begonnen. Ich wollte keinen Kontakt, ich wollte jemand anderes sein. Noch heute überkommt mich aktive Unlust, wenn ich mich in irgendeiner Weise an Ehemaligentreffen oder solchen Dingen beteiligen soll. Ich könnte nicht einmal genau benennen warum. Ich hatte eine gute Schulzeit.

Heute bin ich zurück gekehrt in meine Jugend, bin durch meine alte Schule gewandert und habe sie wirken lassen. Vieles ist anders, vieles ist neu, manches ist gleich gelieben. Nun, es ist ein vertrautes Gefühl, durch Gänge und Räume zu wandern, die dreizehn Jahre Lebensinhalt waren. Wie sollte es auch anders sein. Dennoch wurde ich nicht von Gefühlen überfallen. Vielleicht lag es daran, dass meine Schule anders riecht. Der Geruch ist ein unglaublicher Erinnerungsträger, und meine Erinnerung konnte sich mit diesem Geruch nicht identifizieren. Zu viel ist neu gemacht worden, roch frisch und so gar nicht nach dem Schulmief, der sich in meinem Kopf festgesetzt hat.

Ich habe nur wenige Leute getroffen, die ich kannte. Ein paar aus meiner Klasse, ein paar Lehrer. Die meisten wussten meinen Namen nicht mehr, man möge es ihnen verzeihen, nach all den Jahren und all den Schülern. Lehrer, die mir früher wirklich nahe waren, die ich geliebt und bewundert habe, fragen heute keine zwei Sätze mehr als "wie geht's", zeigen kein Interesse an einem Gespräch. Huschen an einem vorbei und verschwinden. Wo ist ihre früher so ehrliche Anteilnahme geblieben?, frage ich mich etwas verwundert.

Einer wusste meinen Namen. Er war mir verhasst gewesen, damals. Nein, verhasst ist das falsche Wort. Er war mir fern gewesen, ich hatte immer das Gefühl, zu ihm kann ich keine Beziehung aufbauen, so wie es mir mit allen anderen Lehrern immer gelungen ist, im positiven oder auch negativen Sinne. Er war unerreichbar, kühl, unnahbar. In einer anderen Welt hiner einer Glasscheibe. Er war in gewisserweise ein Schreckgespenst meiner Jugend. Ich habe noch das Gefühl der Anspannung in mir, das mich überkam, wenn ich wusste, dieser Unterricht steht an.
Wir haben uns nicht sonderlich gemocht. Das zumindest war mein Eindruck. Ich habe sein Fach nicht als Leistungskurs gewählt, weil ich das Gefühl hatte, seine "Kühlschrank"-Art nicht jeden Morgen aushalten zu können. Und das, obwohl ich das Fach liebte, und seinen Unterricht heute mehr den je zu schätzen weiß.

Wir haben uns bestimmt eine Stunde lang unterhalten, auf einmal war die Beziehung da, die mir zu Schulzeiten gefehlt hat, dieses ehrliche Interesse am Gegenüber. Ich habe ihn schon früher ein paar Mal zufällig getroffen, und schon da war unser Verhältnis wie kontrastiert zu allem schon dagewesenen. Unsere Fehde hat sich schon sehr bald nach meinem Abschluss in luftleeren Raum aufgelöst. Kaum hatten wir die Prüfungen überstanden, war er anders. Wir waren keine Schüler mehr. Er musste uns nicht mehr auf Distanz halten. In dem heutigen Gespräch habe ich so deutlich wie selten gemerkt, wie aus einer Schüler-Lehrer Beziehung etwas anderes wird, ein Miteinander auf gleichem Niveau.

Ich freue mich über diese Begegnung, und ich freue mich sehr, dass es noch jemanden gibt, der sich an mich erinnert. Sich wirklich erinnert. Vielleicht genau wegen dieser so seltsamen Beziehung, die wir zu Schulzeiten immer hatten.

Dienstag, 14. November 2006

Prioritäten

Wie setzt man sie, seine Prioritäten, wenn einem immer das, was man gerade macht, am wichtigsten erscheint? Wie kann man unterscheiden zwischen "das ist mir wichtig" und "das ist mir sehr wichtig"? Wenn ich Geige spiele, ist die Musik meine Welt. Ich möchte auf ewig baden in den Tönen und Klängen, die mich so sehr berühren. Bin ich am Schreiben, möchte ich für immer in den Worten aufgehen, endlich alles, was in mir steckt, herausströmen lassen. Wenn ich lektoriere, konzentriere ich mich stundenlang auf Fehler verschiedenster Art und erfreue mich daran, wie viel schöner der Text klingt, wenn er fertig ist. Und wenn ich in meiner Arbeit bin, dann gehe ich auf in dieser Welt von Sprachen und Nationalitäten, die mir so viel wieder gibt.
Die Tage sind zu kurz für meinen Tatendrang.

Donnerstag, 9. November 2006

Augenblicke

Ein kleines, fast unmerkliches Lächeln, ein Hallo, wie so viele Hallos davor und so viele danach. Eine flüchtige Berührung, ein Zusammentreffen von Individuen für eine Sekunde, oder nur einen Bruchteil davon. Eine Sekunde, die schnell vergeht und lange währt. Ein Augenblick, der sich in meine Seele brennt, wie so viele andere Augenblicke, die mein Leben bereichert haben. Für immer, oder nie wieder. Wer weiß das schon. Der Zauber fällt, die Welt dreht sich weiter. Bis zum nächsten magischen Moment.

Donnerstag, 11. Mai 2006

Nachdenken



Es ist nicht gut, wenn du vor einem Lahmen herhinkst, und es für Freundlichkeit hältst.

Dieser Satz stammt von Erhard Freitag und ich muss schon die ganze Zeit darüber nachdenken, wie recht er doch hat. Passiert es nicht ständig im Leben, dass man irgendwelche tiefen Wünsche nicht verwirklicht, weil man auf irgendwen Rücksicht nimmt? Und viel zu oft falsche Rücksicht nimmt? Rücksicht, die einen davon abhält, seine Lebensziele zu erreichen, nur weil sie nicht der im Verwandten- und Freundeskreis geltenden Normen entsprechen. Rücksicht, die niemandem etwas hilft? Es gäbe so viel, das man erreichen kann, wenn man damit aufhören würde. Und manchmal denke ich, dass ich der größte Vorweghinker bin, den es so gibt.

Mittwoch, 19. April 2006

Es werde Licht

Es ist dunkel und kalt, als ich den Kirchenraum betrete. Ich ziehe mir den Anorak enger um die Schultern und taste mich mit meiner Geige in der Hand zur Treppe, die auf die Empore führt. Leises Rascheln und Raunen verrät mir, dass schon einige Leute in den Bänken sitzen. Von den Musikern ist außer mir noch fast keiner da. Pünktlich sein heißt zu früh sein in der Osternacht. Ich packe meine Geige aus und setze mich auf meinen Platz. Es ist noch nicht einmal halb sechs und ich sehne mich in mein warmes Bett zurück.
Hin und wieder flackert der dünne Lichtstrahl einer Taschenlampe durch den Raum und wirft unheimliche Schatten an die Kirchenwände. Manche Leute tun sich schwer, die Dunkelheit zu ertragen.
Nach einer halben Ewigkeit, wie mir scheint, betritt der Pfarrer mit den Ministranten den Kirchenraum. Er trägt eine riesige Kerze vor sich her. Geweihtes Licht. Ein Ministrant nach dem anderen entzündet seine Kerze. Ein kleiner Ring von Licht hat sich um den Altar gebildet. Dann wird die geweihte Flamme an die Kirchenbesucher weiter gereicht. Es ist still, außer dem leisen Klappern der Plastikbecher, in der die Kerzen stehen. Fast unmerklich wird es heller, Lichtlein um Lichtlein, bis die letzte Kerze entzündet ist. Auch auf der Empore ist das Licht angekommen. Kerzen zieren die Brüstung und die Orgel. Ich bewundere das Lichtermeer unter mir, kleine gelbe Pünktchen, die wie Figuren zu einer unhörbaren Melodie tanzen. Aus dem unheimlichen und kalten Gebäude ist ein Raum des Friedens und der Wärme geworden.
Es werde Licht, denke ich. Die Schönheit des Augenblicks raubt mir den Atem.

Samstag, 25. März 2006

Zur Erinnerung

beerdigung

Opa-2005

In unseren Herzen wirst Du weiter leben.

Montag, 20. März 2006

Wohin gehst Du

Wohin gehst Du, wenn du diese Welt verlässt
Wohin gehen sie, Deine Gedanken
Wohin geht Deine Liebe, Deine Freude, Deine Trauer
Wohin gehen Deine Erinnerungen
Wohin gehst Du, wenn Du von uns gehst

Ich sehe wie Du entschwindest
In eine andere Form des Daseins
Du wirst immer da sein
Wir tragen Dich in unserem Herzen
Unserer Zukunft entgegen

Dir verdanke ich mein Leben
Die Welt wäre ärmer ohne Dich
Du hast uns viel gegeben
Ich sehe Dein letztes Lächeln
Und weiß, Du bist in Frieden gegangen


Meinem verstorbenen Opa zur Erinnerung

Samstag, 18. März 2006

Megazoff

Gestern habe ich mich mit meinem Chef gezofft, aber sowas von, das kann sich keiner vorstellen. Dieser Mann ist der unmenschlichste Typ, der mir je über den Weg gelaufen ist. Hat er sich am Donnerstag schon den ganzen Tag darüber aufgeregt, dass mein Schwager (der auch in dem Laden arbeitet) es wagt, bei der Geburt seines Kindes dabei sein zu wollen und bei seiner Frau im Kreißsaal sitzt und ihr die Hand hält. Und das, wo er doch viel besser in die Arbeit gekommen wäre.

Gestern hat mein Schwager dann um eine Woche Urlaub gebeten, damit er meiner Schwester helfen kann, wenn sie nach Hause kommt. Keine Chance. Einfach keine Chance. Urlaub ist nicht. Wo kämen wir denn da hin? Wenn jeder einfach Urlaub nehmen würde.

Nun, ich bin auf den Kerl eh nicht besonders gut zu sprechen, also habe ich meinen Mund nicht halten können und bin ausgetickt. Passiert selten genug, aber wenn, dann gewaltig.

Ich kann es nicht leiden, wenn jemand seine Mitarbeiter, behandelt als wären sie reine Geldgeneratoren und keine Menschen. Das ganze Betriebsklima geht flöten und von Motivation ist rein gar nichts zu spüren. Mein Chef denkt ausschließlich daran, wie viel Geld er nicht kriegt, wenn Mein Schwager ein paar Tage nicht da ist. Kein Gedanken daran, wie es meiner Schwester vielleicht geht, die nach der schweren Geburt nun wirklich nicht alles alleine machen kann, wie es Sasa selbst geht, der gerne ein paar Tage mit seinem Sohn verbringen will, nichts dergleichen. Nur Geldgier. Auch nicht interessant ist die Tatsache, dass mein Schwager noch 20 (!!!!) Tage Resturlaub aus dem letzten Jahr hat, dass die Leute im Lager ständig Überstunden machen, deren Bezahlung mehr als ungewiss ist. Wir sind alle ersetzbare Geldgeneratoren. Thank you very much!

Ich bin jetzt schwer am Überlegen, ob ich dem Kerl am Montag meine Kündigung auf den Tisch knalle und gehe. Ich habe kein bisschen Lust, in einer Firma zu arbeiten, die ihre Mitarbeiter so behandelt. Und es ist ja nicht das erste Mal.

Nun ja. Hab gestern also gestritten, und ich sag euch eines, ich habe gezittert vor Wut. Sowas ist mir noch nie passiert. Das war echt unheimlich.

Freitag, 17. März 2006

Darf ich vorstellen....

Hier ist er, unser neuer Erdenbewohner: Simon heißt er, 54cm, 3480 g, um 12.11h auf die Welt gekommen, nach schwerer und anstrengender Geburt:

simon01

Ganz der Papa, die Sturmfrisur und die gesamte Gesichtspartie.
Er ist unglaublich süß. War gestern zwei Stunden dort und durfte ihn herumtragen und knuddeln und alles. Kathrin ist der glücklichste Mensch auf der Welt

Hier noch ein Bildchen, wo er bei mir auf dem Arm liegt:

simon02

Donnerstag, 16. März 2006

GESCHAFFT!!!

Seit mittags um 12.11h bin ich stolze Tante eines kleinen Jungen namens Simon! Kind und Mutter sind müde aber wohlauf. Endlich hat die Warterei ein Ende.

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